06. Oktober 2018 – Tag 38

Von Olveiroa nach Muxia  

Wetter: Morgens Sonnenschein, in Küstennähe Wolken und kühler

Die heutige Tagesetappe war wie die gestrige deutlich über 30 km lang. Es gab auf der ganzen Strecke nur wenigen Café-Bars und war entsprechend anstrengend. Die Herbergseltern der Pilgerherberge in Muxia, meinem Etappenziel, boten mir an, vor dem Check-In erst einmal zu duschen und meinen Schlafplatz einzurichten. Das fand ich sehr nett und kam mir natürlich sehr entgegen. 

Die Herbergsmutter hatte in der Pilger-Küche Gemüsesuppe gekocht und mich zu einer (kostenlosen) Schüssel eingeladen. Am Nebentisch hatten Pilger mehr Tomatensalat gemacht, als sie essen konnten, und mir das Zuviel angeboten. Beides zusammen hat dann völlig unerwartet mein erster grosser Hunger gestillt und ich konnte zufrieden und entspannt zur Kirche ‚A Virxe da Barca‘ (Unsere Liebe Frau vom Boot) laufen, einem wichtigen Wallfahrtsort in Galicien und ein weiteres Ziel vieler Pilger, nachdem sie Santiago de Compostela erreicht haben. Der Herbergsvater hatte mir die 19-Uhr-Messe dort als etwas ganz Besonderes angepriesen.

Die Legende sagt, dass dort, wo die Kirche steht, die Gottesmutter dem Apostel Jakobus erschienen sei. Der Apostel habe sich hier am äußersten Ende der damals bekannten Welt zurückgezogen, um zu beten. Er sei in tiefe Traurigkeit verfallen wegen der Menschen, die ihr Heidentum nicht ablegen wollten. Da habe er in der Ferne im Meer ein Boot entdeckt, das näher kam. Schließlich konnte er auf dem Boot die Gottesmutter Maria erkennen, die ihm Trost brachte und ihn aufrichtete, sein Missionswerk fortzusetzen. 

Schon im Mittelalter stand hier eine Einsiedelei, die dann im 17. Jahrhundert zu einer Kirche umgebaut wurde. Ende 2013 machte sie Schlagzeilen, als ein Blitz das Kirchendach in Flammen setzte und Teile des Heiligtums zerstörte. Die Blitzableiter waren defekt. Inzwischen wurde die Kirche restauriert; über die Qualität der Restauration wird immer noch gestritten. 

Der Leuchtturm von Muxia (Faro de Muxia), der in der Nähe der Marienkirche A Virxe da Barca steht

Ich habe mich vor der Messe für eine Weile in die Stille der Kirche zurückgezogen und mit grosser Dankbarkeit an meine erfolgreiche Wanderung auf dem Küstenweg gedacht. Wie auf meinen früheren Jakobsweg-Wanderungen habe ich mich auch diese Mal geführt und geschützt gefühlt. Um dafür Danke zu sagen, schien mir diese Kirche der richtige Platz zu sein. Die anschliessende Messe war für mich ein wundersames Ritual in galicischer Sprache, von dem ich als Nicht-Katholik nicht viel verstanden habe. Die Wohlfühl-Atmosphäre, die die zwei Geistlichen ausstrahlten, habe ich aber sehr genossen. 

Nach der Messe war ich mit meinen französischen Pilgerfreunden in einem Fischlokal essen. Dabei haben wir auf das Pilgermenu verzichtet und Meeresfrüchte-Leckereien von der Speisekarte bestellt. Nach einem leckeren, lustigen und interessanten Abend sind wir in der Pilgerherberge müde in die Schlafsäcke gekrochen.